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Buchtipp: Die sieben Irrtümer des Change Managements

… und wie Sie sie vermeiden. Von Willibert Schleuter und Johannes von Stosch.
Campus Verlag, 2009. 218 S. Gebunden, € 39,90
ISBN: 978-3-593-39135-9

Ein tolles Buch zum Change Management, das selbst für das steht, wovon es erzählt: Offenheit, emotionale Verbundenheit, durch Einschübe von Erlebnissen, und vom Mut, den Anfang zu machen und loslassen zu können.

Es ist auch nach einem anstrengenden Arbeitstag noch gut lesbar und doch steht es der veränderungsinitiierenden Führungskraft als praktische Referenz mit konkreten Tipps, praktischen Beispielen (auch aus anderen Unternehmen und der Politik), Werkzeugen und Checklisten zur Seite.

Eine Warnung vorab: „Wer das kreative und revolutionäre Potenzial der Basis wach gekitzelt hat, muss es anschließend auch aushalten. Denn Mitarbeiter, die sich erfolgreich in einen Change-Prozess eingebracht haben, lassen sich anschließend nicht den Mund verbieten.“ Bei Audi EE ging dann die zweite Welle der Veränderung los, diesmal aber „von unten“ initiiert.

Mir gefällt es so gut, weil ..

  1. … der Ton des Buches so angenehm undogmatisch und praktisch ist und doch eindringlich bleibt.
  2. …weil ihr Credo für das „beeinflussende Change Management“, das insbesondere zu intensiver Kommunikation zwingt, mir aus der Seele spricht, so auch die damit verbundene Wertehaltung, die sie in der Einleitung verdeutlichen: u.a. Ehrlichkeit, Offenheit und Einsatz für und mit der Basis. Dazu kommt der Hinweis an die Veränderungs-initiierende Führungskraft, dass Veränderung sich nicht weg delegieren lasse an Berater! Berater können immer nur unterstützen.
  3. …weil der Erfolg ihres praktischen Beispiels (Audi EE) ihnen Recht gibt.
  4. …weil nun an einem erfolgreichen deutschen Beispiel aufgezeigt wird, warum Netzwerkstrukturen innerhalb des Unternehmens und mehr (Organisations-)Verantwortung für den einzelnen Mitarbeitenden auch strategisch sinnvoll sind.

Zum Inhalt

Die „Einführung“ macht deutlich, mit welcher Haltung die Autoren an die zu bewältigenden Veränderungsprozesse heran gingen: „jede Führungskraft muss, ob sie will oder nicht, zum Change Manager werden.“ Und wenn Ihnen als Führungskraft das jetzt leises Unbehagen einflößt, dann hilft Ihnen dieses praktische Buch, Ihre Anfangsängste zu überwinden.

Mit „vier Einsichten für den Erfolg von Veränderungsprozessen“ führen sie direkt ins Thema:

  1. „Top-Down-Prozesse scheitern am Widerstand der Mitarbeiter.“
  2. „Veränderung ist nur begrenzt planbar.“
  3. „Die notwendige Dynamik von echter Veränderung erfordert Energie und emotionale Kraft.“
  4. „Die Komplexität der wirtschaftlichen Vorgänge lässt sich nur noch unter Einbeziehungen der Intelligenz der Vielen steuern“.

Zusammen mit einem Zitat aus Hermann SimonsHidden Champions des 21. Jahrhunderts“ leiten sie ab: „Es sind eher die alten Tugenden und der gesunde Menschenverstand als neue Managementmoden und Trends.“ Dazu zählen sie Ehrlichkeit, Offenheit, Mut, Klugheit und Einsatz für und mit der Basis.
Sie orientierten sich bei Audi Elektronik am „Acht-Stufen-Prozess“ John Kotters (sein HBR Blog), den sie „beeinflussendes Change Management“ nennen und geben im Folgenden einen kurzen Abriß ihres Veränderungsprozesses von 1996 (Audi holt W. Schleuter nach dem Schock der J.D.Power Studie zu Audi), über 2002, wo die Vision von 1997 im Modell A8 Realität wurde, bis 2005, wo die zweite Vision entsteht; dieses Mal von unten getrieben …

Im Kapitel „Warum Veränderungsmanagement Unternehmen herausfordert“, bekommen Sie ein paar studienbelegte Gründe, warum Veränderung im Unternehmen fest verankert werden sollte und einen kurzen Abriß der dafür nötigen Kompetenzen. Es werden die etablierten Modelle von Wandelprozessen aus der Sozialpsychologie vorgestellte: Kurt Lewin (1963) mit „Auftauen (Unfreezing), Übergangsphase (Changing) und Neu einfrieren (Refreezing)“ und das Wellenmodell nach Kordis und Lynch (1998) mit seinen gegenläufigen Wellen der fremdbestimmten vs. der selbstbestimmten Veränderung mit dem „Point of Change“, dem Tal der Endeckung und dem Durchbruch auf dem selbstbestimmten Weg oder dem Verfall in den Schock, der Realitätsleugnung und dem langen Tal des Leidens, wenn die fremdbestimmte Veränderung unausweichlich wird.

Danach gehen sie auf die Netzwerkorganisation als ihr favorisiertes Veränderungsmodell ein und stellen Change-Management-Ansätze der letzten 20 Jahre vor: Von Lean („Prozessorientierung“) um 1989/90, über Reengineering und QM („Kundenorientierung“), bis „Strategisch“ (Kompetenzorientierung“) um 2006/07.

Dann folgen je ein Kapitel zu den sieben Irrtümern:
1. Irrtum: Visionen sind Chefsache
2. Irrtum: Mitarbeiterbefragungen sind Selbstläufer
3. Irrtum: Über Schwächen spricht man nicht.
4. Irrtum: Berater schaffen Wandel
5. Irrtum: Kreative Unruhe stört den Betrieb
6. Irrtum: Netzwerkorganisationen führen zu Chaos
7. Irrtum: Nach mir die Sintflut

Darin geben sie immer wieder ganz konkrete Tipps, praktische Beispiele (auch aus anderen Unternehmen und der Politik), Werkzeuge und Checklisten. Es bleibt nie auf Wachrüttel-Niveau hängen.
Im Rahmen des 5. Irrtums eine dringende Warnung der Autoren: „Wer das kreative und revolutionäre Potenzial der Basis wach gekitzelt hat, muss es anschließend auch aushalten. Denn Mitarbeiter, die sich erfolgreich in einen Change-Prozess eingebracht haben, lassen sich anschließend nicht den Mund verbieten.“ Bei Audi EE ging dann die zweite Welle der Veränderung los, diesmal aber „von unten“ initiiert.

Zum Abschluß ein Kapitel zur „Führung im Wandel“. Auch hier wieder „kein Patentrezept“, aber ein paar Führungseigenschaften, die das wirksame Handeln im konkreten Fall sehr unterstützen: „Er [die Führungskraft] braucht einen smarten Kopf, einen guten Draht zu seinem eigenen Bauchgefühl, Werte, die ihm ein starkes Rückrat geben, einen unbändigen Willen und Leute um sich herum, die in ihrer Spezialdisziplin besser sind als er selbst.“
Und doch „neun Prinzipien der Führung im Change-Management-Prozess„: Führen heißt…1. …mittendrin sein. 2. …verändern 3. …vernetzen 4. …begeistern 5. …offen sein. 6. …fordern. 7. …fokussieren. 8. …andere erfolgreich machen. 9. …menschlich sein.

Ein paar Buchseiten bei books.google.de.

Die Autoren

Dr . Willibert Schleuter, Jahrgang 1947, war von 1996 bis 2008 Leiter der Elektrik/Elektronik-Entwicklung (EE) bei Audi in Ingolstadt. In dieser Zeit hat er einen der massivsten Veränderungsprozesse des Unternehmens maßgeblich gestaltet und vorangetrieben. Seit vielen Jahren setzt er sich intensiv mit dem Thema Change Management auseinander.

Johannes von Stosch, Jahrgang 1954, ChangePartner AG, war ein erfahrener Berater, Trainer, Coach. Er begleitete Organisationen, Management-Teams und Führungskräfte in unternehmensweiten Veränderungsprozessen.
Einer seiner Schwerpunkte war die Automobilindustrie. Er war Partner Mitbegründer Hamburger Unternehmensberatung, und hat den Veränderungsprozess bei Audi begleitet.

Zum Buch einige Zitate aus berufenem Munde auf der Verlags-Site:
Dort gibt es auch das Inhaltsverzeichnis (als PDF) und die Einführung als kleine Leseprobe (als PDF).

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